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View Full Version : Napoleon - gut oder schlecht für Deutsche?



Lucky Jack
11-20-2014, 02:26
Hallo zusammen,

ich wollte hier gerne mal eine historische Diskussion anregen:
Was meint ihr, war Napoleon eher positiv oder negativ für die Deutschen?
Immerhin haben Deutsche auf beiden Seiten gekämpft, und er hat viele moderne Ideen in die deutschen Herrschaftsbereiche gebracht. Z.B. hat er das System der Zünfte aufgebrochen usw. Trotzdem war er ja nun mal Eroberer nicht aus allgemeiner Gutmütigkeit.

Comte de Brueys
11-23-2014, 23:52
Für die Zeit der französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege liegen meine Sympathien eindeutig bei den Franzosen.

Letztendlich sagt das Volk wo es langgeht und nicht ein Fürst, Bischof oder eine kleine Elite. Weltbild und Anschauung der damaligen Zeit wurden endlich in's rechte Licht gerückt und die Kirche als weltliche Institution abgeschafft.

Volkssouveränität, Wahlrecht, Menschenrechte, einheitliche Maße & Gewichte, Währungs- und Zollunion, etc....

Letztendlich wurde mit der französischen Herrschaft in weiten Teilen Europas und auch den Deutschen Staaten der Grundstein für die Nationalbewegungen gelegt, die in für uns 1871 mit der Reichsgründung Ihren Höhepunkt fand. Schade nur, dass diese als Basis auch die sog. deutsch-französische Erbfeindschaft zu Grunde hatte die noch auf die Befreiungskriege zurückzuführen ist. :hmmm:

Klar war Napoleon ein Machtmensch und seine Bestrebungen seine ganze Familie auf Europas Throne zu setzten fand ich persönlich nicht so prickelnd, aber viele deutsche Kleinstaaten haben auch von ihm profitiert.

In Sachen Befreiungskriege 1813 - 1814 bin ich wirklich gespalten und würde sagen, dass meine Sysmathie 50% Frankreich -50% Preussen sind. ZU dem Zeitpunkt hatte Napoleon aber schon ein paar kapitale Fehler gemacht: Aufstand in Spanien 1809 und Feldzug nach Rußland 1812.

Grundsätzlich war Napoleon meiner Meinung nach positiv für Deutschland. Ob man ihm die Spätfolgen der Deutsch- Französischen Rivalität auferlegen kann, weiß ich nicht.

Sicher bin ich mir nur, dass wenn man das Kriegsbeil 1871 endgültig begraben hätte*, sprich, man sich die Hände gereicht und beschlossen hätte die Geschicke Europas gemeinsam in die Hand zu nehmen, ähnlich dem deutsch-französischen Motor der EU, dann sähe Europa heute anders aus.

*und die deutsche Kaiserkrönung vielleicht lieber in Aachen durchgezogen hätte,

Lucky Jack
12-25-2014, 05:06
Sicher bin ich mir nur, dass wenn man das Kriegsbeil 1871 endgültig begraben hätte*, sprich, man sich die Hände gereicht und beschlossen hätte die Geschicke Europas gemeinsam in die Hand zu nehmen, ähnlich dem deutsch-französischen Motor der EU, dann sähe Europa heute anders aus.

Tja, da hast du sicher Recht, dass hier historisch leider wichtige Chancen vertan wurden.

Leider waren ja unsere Kaiser, vor allem Wilhelm der II, ja offenbar nicht frei genug im Kopf, um sich auf die Chancen von Freundschaften zu konzentrieren.
Kaum zu Glauben, dass sogar ein so enges verwandschaftliches Verhältnis zum englischen Königshaus nicht den grßen Krieg verhindern konnte.

Aber zurück zu Napoleon:
In der Tat bin ich auch überzeugt, dass sich für die persönliche Freiheit der Menschen in den deutschen Gebieten sehr viel zum positiven durch Napoleon geändert hat. Die Frage die sich mir aufdrängt ist allerdings, ob er es einfach nur wichtig fand solche Reformen einzuführen, um die Machtbasis des Adels zu unterwandern und die anderen Staaten zu destabilisieren. Ich vermute, daß er dieses ursprünglich aus Idealismus mitgetragen hat, und dann später aus politischem Kalkül vorangetrieben hat. Er wird ja sicher irgendwann gemerkt haben, wie allergisch die anderen Nationen auf ihn und die vorherige französische Revolution reagiert haben.
Die genannten Fehler sind sicher auf der negativseite zu verbuchen.

Insgesamt finde ich persönlich, ihn zwar machtbesessen, aber Alles in Allem, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, hat sein Tun sehr viel Positives zur europäischen Geschichte beigetragen. Es ist wohl tatsächlich berechtigt, dass er noch heute von so vielen Menschen kontrovers gesehen wird. (Damit steht er wohl auf einer Stufe mit Cäsar und Alexander)